Die Nacht war sehr ruhig, aber mit dem Sonnenaufgang lebte der Wind wieder auf und blies beim Frühstück kräftig durch das Tal. Dementsprechend schwierig war dann auch der Zeltabbau. Das Problem dabei ist immer das Trocknen der Zeltunterseite. Nach ca. einer halben Stunde war aber alles verstaut und ich verließ den Campingplatz und fuhr durch das Glen Nevis Richtung Fort William. Von dort ging es weiter Richtung Mallaig. Von dieser Hafenstadt geht eine Fähre ca. alle zwei Stunden nach Skye. Die Entfernung von 70km kann man in etwa einer Stunde zurücklegen, aber dafür gibt es auf dieser Strecke zu viel zu sehen.

Kurz hinter Fort William sah ich ein Wegweiser zum Old Inverlochy Castle, dem ich folgte. Die Burg wurde im 13Jh. erbaut und ist heute eine Ruine. Ungewöhnlich an der Festung ist ihr unveränderter Bau, der nicht durch Um- oder Anbauten verändert wurde. Die Lage an der Mündung des Flusses Lochy machte die strategische Bedeutung der Burg aus. Hier beginnt der Great Glen, der sich quer durch Schottland bis Inverness zieht.

Die Burg ist fast quadratisch gebaut, mit vier Türmen an den Ecken. Der Höchste ist über 6m hoch. Von einer Seite war die Burg durch den Fluss geschützt. Vor den anderen Seiten befanden sich Wassergräben, die den Schutz gewährleisteten. Die beiden Tore im Norden und Süden der Anlage, wurden durch Fallgitter verteidigt.

Während ich mir noch die Burg anschaute, hörte ich das Pfeifen einer Dampflokomotive. Erst dachte ich mir nichts dabei, aber dann sah ich den Zug hinter der Burg vorbeifahren. Es war „The Jacobite“, der täglich (wie ich inzwischen weiß) von Fort William nach Mallaig fährt. Ich hatte gelesen, dass die Fahrten nur am Wochenende statt fänden. Wem der Name „The Jacobite“ nichts sagt, der wird vielleicht mit Hogwarts Express eher etwas anfangen können. Auf dieser Strecke wurden nämlich die Dreharbeiten zu den Harry Potter Filmen gemacht, die den Hogwarts Express betrafen. Auch die berühmte Brücke liegt an dieser Strecke und heißt in echt „Glenfinnan Viaduct“. In dem Teil „Kammer des Schreckens“ fliegen Harry und Ron mit dem Auto über diese Brücke, als hinter Ihnen der Zug kommt. Die Lokomotive aus dem Film ist aber nicht die des „Jacobite“. Wer mehr über die eingesetzten Lokomotiven erfahren möchte, kann auf der Seite der West Coast Railway Company nachschauen. Weitere Links führen zu den Preisen, den Abfahrtszeiten und Beschreibungen zu der Strecke.
Video am Glenfinnan Viaduct auf YouTube

Ich setzte mich in das Auto und fuhr Richtung Glenfinnan, in der Hoffnung DAS Bild der Lokomotive auf der Brücke zu machen. Dadurch, dass der Zug an mehreren Station hielt, holte ich ihn recht schnell ein und fuhr sogar ein Stück neben ihm her. Kurz vor Glenfinnan überholte ich und erreichte den Parkplatz von Glenfinnan kurz vor ihm. Der war aber von den Touristen, die ebenfalls den „Hogwarts Express“ mit Brücke sehen wollten, total überfüllt. Ich stieg aus und sah den Zug in 600m Entfernung über die Brücke fahren 🙁 . DAS Foto konnte ich leider nicht machen.

Nachdem der Zug verschwunden war, wurden auch wieder Parkplätze frei und ich stellte mein Auto ab. Zumindest wollte ich mir das Viadukt genau anschauen, auch ohne Zug. Vom Parkplatz aus läuft man Richtung Glenfinnan über den River Finnan hinweg. Kurz darauf geht ein befestigter Weg rechts Richtung Viadukt.

Hier sind auch ein paar Parkplätze zu finden, die wohl kostenlos sind. Der Weg zu der Eisenbahnbrücke ist ein schöner Spaziergang an dem kleinen Flüsschen entlang. Nach ca. 700m erreicht man das Viadukt. Ich bin vor der Brücke rechts auf einen Hügel gestiegen, von dem man das Bauwerk gut überschauen kann.

Die Komplettaufnahme ist mit einem Weitwinkelobjektiv entstanden.
Das Viadukt wurde 1897/98 für die Strecke von Fort William nach Mallaig gebaut, die 1901 eröffnet wurde. Die Brücke spannt sich mit 21 Bögen 380m über das Tal des River Finnan. Die Brücke war die erste große Stampfbetonbrücke in dieser Zeit und damit eine ingenieurtechnische Meisterleistung.

Die zweite Sehenswürdigkeit an diesem Ort ist das Glenfinnan Monument, das am Ufer des Loch Shiel erbaut wurde. Das dazugehörige Besucherzentrum befindet sich am Parkplatz. Es erinnert an Prinz Charles Edward Stuart, besser bekannt als Bonnie Prince Charlie, der hier 1745 die Mitglieder mehrerer Highland-Clans um sich vereinigte. Sein Plan war die Rückgewinnung des schottischen und britischen Throns für die Stuarts. Nach anfänglichen Erfolgen, musste er sich jedoch zurückziehen. Sein Traum zerschlug sich bei der vernichtenden Schlacht am 16. April 1746 bei Culloden gegen die englischen Regierungstruppen.

Er verließ Schottland vom Ufer des Loch nan Uamh, das ganz in der Nähe liegt. Noch heute markiert das Prince’s Cairn genau diese Stelle. Leider wurde das Denkmal bei meinem Besuch komplett restauriert und war eine große Baustelle.

Der Weg zu dem Monument lohnt sich aber schon alleine wegen des Blicks über den Loch Shiel. Mit seinem blauen Wasser und den grünen Bergen an den Ufern ist das schottische Landschaft pur.

Von Glenfinnan ging es weiter Richtung Mallaig. Die A830 von Fort William nach Mallaig trägt auch den Namen „Road to the Isles“ und gilt als eine der schönsten Strecken Schottlands. Die Strecke führt an mehreren Lochs vorbei, hinter denen sich immer wieder aufregende Gebirgszüge erheben.

Die Straße ist zwar zweispurig ausgebaut, aber es gibt leider nur wenige Haltemöglichkeiten an den Stellen, an denen man dann ein Foto machen möchte. Wer Zeit hat, kann auch einen Abstecher in die kleinen Orte am Meer machen.
Mir brannte aber etwas die Zeit unter den Nägeln, da ich keine Fähre gebucht hatte und ich nicht wusste, wie groß der Andrang war. Also fuhr ich bis Mallaig durch und ging dort direkt in das Terminal. Hier findet man die Schalter der Gesellschaft Caledonian MacBrayne, die u.a. die Fähreverbindung nach Skye betreibt. Die Fähre, die im Hafen lag, konnte ich nicht mehr nehmen, da sie ausgebucht war. Für die Nächste, die etwa 2 Stunden später fuhr, bekam ich dann noch einen Platz. In der Hauptsaison ist unbedingt eine Vorabbuchung oder Reservierung zu empfehlen. Die Abfahrt war für 15:20Uhr geplant, damit hatte ich dann doch wieder viel Zeit.

Am Terminal stand ich auf einem Kurzzeitparkplatz, deswegen fuhr ich auf die andere Seite der Bucht, wo viele kostenlose Parkplätze an der Uferstraße zu finden sind. Von dort lief ich in den bunten, quirligen Hafenort. Durch die vielen Fährpassagiere zu den verschiedenen Inseln und die

Fahrgäste des Jacobite, die auf die Rückfahrt warteten, war der Ort sehr voll. In dem kleinen Co-Op-Supermarkt wollte ich mir etwas zu essen holen, aber auf diese Idee waren die Anderen auch schon gekommen. Die Kühlregale mit Sandwichs waren derart geplündert, dass ich mir nur eine Cola und eine Tüte Chips holte. Sehr gesund!

Ich setzte mich an den Kai von Mallaig und beobachtete das Treiben im Hafen. Die Ausflugs- und Fischerboote wurden von ihrer Crew in Ordnung gebracht. Im Hafen gibt es dazu auch einige kleinere Docks. Andere Schiffe wurden beladen, vermutlich um Waren auf die kleineren Inseln Rum, Eigg, Muck und Canna zu bringen, die am besten von Mallaig zu erreichen sind.

Eine Möwe war der festen Ansicht, dass die Chipstüte uns beiden gehörte, denn sie wich nicht von meiner Seite. Man sollte die Möwen auf keinen Fall füttern, da sie sich inzwischen in den Hafenstädten zu richtigen Plagen entwickelt haben und überhand genommen haben.

Als die Fähre aus Richtung Skye sichtbar wurde, holte ich das Auto und stellte es auf den Warteparkplatz. Das Anlegemanöver lässt sich gut beobachten. Es dauerte nur wenige Minuten, dann fuhren die Autos auf das schottische Festland.

Das Beladen der Fähre ging fast genauso flott, sodass die Fähre nach kurzer Zeit wieder ablegte. Ich holte mir in dem kleinen Bordrestaurant einen Tee und setzte mich wie die meisten anderen in die angenehme Nachmittagssonne.

Die beeindruckende Küstenlandschaft des schottischen Festlandes mit den hohen Bergen zog langsam an uns vorbei. Sie gehört zu der Halbinsel Knoydart, deren Orte nur zu Fuß oder per Schiff zu erreichen sind.

Deswegen wird sie auch als „Schottlands letzte Wildnis“ bezeichnet. Nach etwa 40 Minuten erreichte die Fähre Armadale auf Skye.
Von hier wollte ich auf den Campingplatz von Glenbrittle, der zu Füßen der Cuillin Hills an der Meeresbucht Loch Brittle liegt.

Er war in meinem Reiseführer als Geheimtipp aufgeführt, besonders für Wanderer, die von hier gut die Bergwelt der Cuillins erwandern können. Was mir dabei nicht richtig klar war, war die Größe von Skye. Durch die dazwischen liegenden Berge waren das nochmal 75km.

Ich programmierte den Navi auf Carbost, da er Glenbrittle nicht kannte. Carbost war auf der Karte als etwas größerer Ort in der Nähe von Glenbrittle eingezeichnet. Ich durchquerte den Süden von Skye, d.h. die Halbinsel Sleat und fuhr bei Sligachan ab in Richtung Carbost. Das ist dann schon die Halbinsel Mingish im Südwesten. Skye besteht insgesamt aus 5 Halbinseln.

In Carbost war der Campingplatz von Glenbrittle ausgeschildert, den ich dann kurz vor 6 Uhr abends erreichte. Das war gerade noch rechtzeitig, da das Büro der Campsite um 18 Uhr schloss. Ohne Anmeldung hat man keinen Code für das elektronische Schloss, dass die Tür zu den Duschen versperrt. Toiletten und Abwaschmöglichkeiten sind aber auch vor dieser Tür zu finden. Ich baute mein Zelt bei einem ziemlich starken Wind auf, der aus Richtung Wasser kam. Dabei knickte mir eine dritte Verstrebung ein, die ich dann zusätzlich abspannte. Der Wind legte sich auch die ganze Nacht nicht. Nach ein paar Fotos vom Strand und den Bergen in der Abendsonne, machte ich mir mein Abendsessen. Auch hier glühten die Berge noch lange in der Sonne, während das Tal schon im Schatten lag.