Der vierte Tag begann wieder mit Dusche und Frühstück, dann kam der erste Zeltabbau. Der Abbau des Quick-Up-Zelt von Qeedo ging aber genauso schnell wie der Aufbau, nur das kompakte Zusammenlegen, damit das Zelt in die Tasche passt, ist schon eine kleine Kunst. Ich hatte das zuhause zweimal geübt, was sich jetzt auszahlte. Bevor ich den Campingplatz verließ, machte ich am Seeufer noch ein paar Bilder, da das Wetter und das Licht ganz anders war, als bei der Ankunft.

Bei Balmaha liegt das National Park Visitor Centre Balmaha. Hier kann man parken und Ausflüge und Wanderungen in die Trossachs machen. Wer möchte kann von Balmaha Ausflüge mit dem Schiff nach Balloch, Luss oder auf die Insel Inchcailloch machen.

Im Ort findet man das Tom Weir Memorial, das an den schottischen Bergsteiger und Autor erinnert. Er hat sich, u.a. in seinen Fernsehsendungen, für den Erhalt der schottischen Umwelt und Natur eingesetzt.

Von Balmaha ging es zurück nach Balloch. Von hier führt die A82 am Westufer des Loch Lomonds entlang. In Luss bin ich abgefahren, da er als einer der schönsten Orte am See gilt. Der große Parkplatz am Ortsrand ist kostenpflichtig, im Ort selbst ist überall Halteverbot. Als erstes bin ich zum Ufer des Lochs hinunter. Hier hat man einen schönen Blick über das Wasser mit dem Ben Lomond im Hintergrund. Noch besser ist die Aussicht, wenn man nach vorne auf den Pier von Luss geht. Von hier fahren die Ausflugsschiffe nach Balloch, Balmaha und Tarbet ab.

Hinter dem Pier bin ich dann in den Ort hinein. Die einstöckigen Häuser, mit ihren gepflegten und farbenfrohen Vorgärten, sind wirklich sehr schön. Die Einwohner des denkmalgeschützten Luss nehmen die Besucher, die durch ihre Straßen laufen, gelassen hin. Wahrscheinlich ist da auch ein gewisser Stolz dabei, hier in diesem schönen Ort zu leben.

Im Süden des Ortes mündet ein kleiner Fluss in den Loch. An dem linksseitigem Ufer befindet sich die Luss Parish Church, die zu der Church of Scotland gehört. Typisch ist der Friedhof, der die Kirche umgibt. Hier findet man alte Grabsteine, die die Geschichten der Familien erzählen. Meist ist der Ehemann vor seiner Frau gestorben, aber eventuell sind auf dem Stein auch ihre Kinder genannt, die vor ihren Eltern starben. Das liegt an der hohen Kindersterblichkeitsrate in den vergangen Jahrhunderten.
An der See-Promenade befindet sich das Museum des Colquhoun-Clans, der in dem Ort seinen Stammsitz hat. Ich habe es nicht besucht und bin am See entlang zurück zum Parkplatz

Von Luss ging es weiter nach Norden. Mein nächstes Ziel war Tarbet (nicht verwechseln mit Tarbert, das kommt später). Aber der Ort ist ziemlich klein und ich fuhr erst am Loch Lomond weiter. Hier gab es für die nächsten 4km keine Wendemöglichkeit bei entsprechendem Gegenverkehr.Bei einem Campingplatz wendete ich und fuhr zurück nach Tarbet. Auf dem Weg dorthin machte ich aber noch schöne Aufnahmen von See und Ufer.

Auf meinen Fotos entdeckte ich bei der Nachbearbeitung, dass etwas weiter nördlich ein Wasserkraftwerk existiert. Das hätte eventuell auch interessante Aufnahmen ergeben. In Tarbet selbst hielt ich dann nicht mehr an, obwohl hier bei der Kirche einige Wikingergräber zu finden sind. Die Nordmänner wurden bei einem Aufstand der Bevölkerung abgeschlachtet, eine Beerdigung erhielten sie trotzdem.


Ich verließ nun die A82 und fuhr die A83 weiter. Sie führt hinüber nach Arrochar. Der kleine Ort liegt am Ende des Loch Long. Von hier ging es über Ardgartan in die erste richtige schottische Bergwelt. Die Gipfel des Beinn an Lochain und des Beinn Ime sind die dominierenden Gipfel an dieser Pass-Strecke.


Hinter der höchsten Stelle der Route befindet sich die Butter Bridge, die über den kleinen Fluss Kinglas führt. Der Name rührt von der Tradition, die Rinder und die Kühe im Sommer auf die höheren Weiden zu treiben, auf denen es das bessere Futter in diesen Monaten gab. Das geschah z.T. über diese Brücke. Gebaut wurde sie allerdings für militärische Zwecke. Inveraray und Kintyre mussten über eine Straße mit Glasgow verbunden sein, die auch bei Hochwasser passierbar war. Heute sind die A82 und A83 die Straßen, die diese Aufgabe erfüllen, allerdings nur noch für den zivilen Verkehr.

Hinter der Butter Bridge gelangt die A83 an den Loch Fyne, eine Fjord der sich von hier 65km in Richtung Süd-Westen erstreckt. Ihm folgte ich an seiner Westseite fast bis an sein Ende, aber legte eine Pause in Inverary ein. Der kleine Ort mit ca. 600 Einwohnern bietet mehrere Cafés und Restaurant im Ortskern. Das Zentrum ist denkmalgeschützt und enthält viele Gebäude aus dem Ende des 18. und dem Beginn des 19. Jahrhunderts.
Als Attraktion in der Stadt gilt das Inverary Jail, das das Gefängnisleben in früheren Zeiten, aber auch die Geschichte der Justiz erzählt. Das Museum ist in dem alten Gerichtsgebäude am Ufer des Loch Fyne untergebracht. Ich bin die Straße am Ufer vom Süden bis zu den Schiffsanlegern im Norden des Ortes gefolgt. Die gekalkten Häuser leuchten in der Sonne grell weiß gegen den blauen Himmel. Das sind Fotomotive, die ich gesucht habe.
Am Quay von Inverary holte ich mir meine Nachmittagstee und setzt mich auf eine Bank am Ufer des Loch Fyne. Rechts lagen die Schiffe und Boote vor der Weite des Fjords, links hatte ich den Blick auf die Aray Bridge, über die man von Norden nach Inverary kommt. Der Verkehr läuft einspurig über die alte Brücke und wird durch eine Ampel koordiniert. Auch sie ist Teil der „Old Military Road“ von Glasgow nach Kintyre.
Nahe des Ortes befindet sich Inverary Castle, das Stammschloss der Dukes of Argyll. Der Bau des Schlosses begann 1743 und ersetzte eine alte Burganlage aus dem 15. Jahrhundert. Ich habe es nicht besucht, war aber vor 27 Jahren schon mal dort. Das nächste mal schaue ich es mir wieder an. 😉

Mein Weg führte mich jetzt weiter am Ufer des Loch Fyne entlang. Das nächstes Ziel war der kleine Hafenort Tarbert (nicht Tarbet, das war weiter oben), das am Übergang der Halbinsel Knapdale zu der Halbinsel Kintyre liegt. Der Hafen ist in erster Linie mit Sport- und Segelbooten belegt, aber auch die Fischerboote haben einen großen Anteil. Jedes Jahr wird in dem Ort ein großes Seafoot Festival ausrichtet, das natürlich mit fangfrischem Fisch und Meeresfrüchten versorgt werden will. Es gibt aber 3 Boote, die in keine Klasse einzuordnen sind. Es sind Nachbauten von Wikingerbooten, die an die besondere Geschichte der Gegend erinnern. Dem norwegischen König Magnus III. (Magnus Barfoot) wurde die Zusage gemacht, dass er alle Inseln, die er mit einem Langboot umrunden würde, in seinen Machtbereich aufnehmen könnte. Um auch die Halbinsel Kintyre zu bekommen, ließ er sich in seinem Boot die ca. 1km lange Strecke zwischen Tarbert und West Tarbert tragen und ziehen. Alle 2 Jahre findet das Viking Festival in Tarbert statt, das an dieses Ereignis erinnert.

Über Tarbert, auf einer kleinen Anhöhe, liegt Tarbert Castle. Die erste Festungsanlage wurde hier im 8.Jahrhundert errichtet. Um 1325 wurde die Burg von Robert the Bruce wegen ihrer strategischen Lage extrem verstärkt. Sie sollte helfen, die Küstenregion vor den Lord of the Isles zu verteidigen, die eine ständige Bedrohung der Westküste darstellten.
Der Aufstieg zu der Burg befindet sich am Ende der Hafenmole. Ein kleiner Weg führt, zwischen den Häusern hindurch, auf den Berg. Der Tarbert Castle Trust, der die Burg betreut, hat an dem Weg zwei kleine Kästen mit Flyern zu der Burg angebracht. Man kann auch in eine Kasse ein Dankeschön einwerfen, der den Trust beim Erhalt der Burg unterstützt.

Oben angekommen, sieht man erst mal, dass von der Burg nicht viel erhalten ist. Sie wurde leider beim Bau des Hafens und der Stadt als Steinbruch benutzt. Das Tower House ist das letzte erkennbare Gebäude der Burg. Es wurde 1494 von James IV erbaut. Ansonsten sind Mauer- und Fundamentreste des äußeren und inneren Burghofs andeutungsweise zu erkennen. 3 Infotafeln erklären die Burganlage und das Leben in ihr.
Unterhalb der Burg hat der Trust einen Skulpturenpark angelegt, der in einem Rundweg abgelaufen werden kann. Auch der Blick von dem Burggelände auf den East Loch Tarbert ist bemerkenswert. Mehr Information über die Burg und deren Geschichte sind auf der Seite des Trust oder der Stadt Tarbert zu finden.
In Tarbert beginnt der Kintyre Way, der von hier bis in den Süden nach Southend führt. Insgesamt beträgt die Wegstrecke 168km, die in 7 Etappen von 9 bist 26km aufgeteilt ist. Wer sich für diesen Wanderweg interessiert, kann auf offiziellen Webseite des Kityre Way mehr darüber erfahren.
Hier oben vor der Burg sitzend, musste ich jetzt eine Entscheidung für meine Weiterreise treffen. Ursprünglich wollte ich einen Tag nach Kintyre, auf der anderen Seite wollte ich aber auch weiter in Highlands. Die beiden Campingplatz auf Kintyre, die in meinem Reiseführer beschrieben waren, bedeuteten nochmals mindestens eine halbe Stunde Fahrt und waren auch nicht so gut bewertet. Ich beschloss Knapdale wieder hinaufzufahren und bei Lochgilphead den Campingplatz für die Nacht zu nehmen. Dort angekommen, fand ich diesen Campingplatz nicht. Kein Schild mit Zelt oder Caravan war am Straßenrand zu sehen, eine Adresse war im Reiseführer nicht abgedruckt. Ich hätte in diesem Moment Google-Maps auf meinen Handy benutzen sollen, da ich im Nachhinein den Campingplatz dort einfach ausfindig gemacht habe. Ich bin zweimal an ihm vorbeigefahren 🙁
Ich beschloss nun weiter Richtung Oban zu fahren und den ersten Campingplatz, der ausgeschildert wäre, zu benutzen. Ich programmierte den Navi mit „Oban“ und los ging es. Leider fand ich nur einen Caravan-Park, der keine Plätze für Zelt hatte und so landete ich an diesem Abend in Oban auf dem „Oban Caravan & Camping Park“. Die Rezeption war schon zu, aber der Campingplatzbesitzer wohnt auf dem Areal und nahm mich noch um 19:00Uhr auf.
Damit endete ein Tag, an dem ich eigentlich mehr Kilometer gefahren war, als ich ursprünglich wollte. Ich war natürlich damit auch meinem Ziel Skye ein gutes Stück näher gekommen. Das hat man davon, wenn man keine festen Pläne für die Route hat 😉 .
Nach einem warmen Abendessen, saß ich noch einige Zeit vor meinem Zelt, bevor ich gegen 10Uhr in mein Zelt krabbelte.